Über Entspannung...
und wie ich dabei versage.
Tue das, was dir gut tut. Ein oft gehörter Satz mit 1000 Dingen, die mir zugleich genannt werden, die ich nicht machen darf. Ich bin gern in guter geselliger Runde. Jetzt muss man zwangsläufig wegen der Gesellschaft sowieso das Umfeld meiden. Man muss sich selbst genügen, in Krankheit viel alleine zu sein oder es zu erlernen.
Dieses Wort "Entspannungsübung" ist für mich sowieso schon komisch gefärbt in seiner Bedeutung. Ein bisschen esoterisch, ein bisschen langweilig. Yoga wird mir empfohlen, Achtsamkeitsübungen, spazieren gehen.
Yoga, no way! Ewigkeiten in ungemütlichen Positionen auszuharren, ne echt nicht. Hier klebt außerdem der Beigeschmack der Esoterik dran. Spiritualität wird damit verknüpft, soweit mein begrenztes Wissen sich bereits damit auseinander gesetzt hatte. Es gibt zwei Arten von Spiritualität:
1. "Normal, ganz nett, schon paar gute Ansätze" und
2. "Durchgeknallt". Zumindest hat eine Vertraute Person das so ausgearbeitet und ich mag diese These irgendwie.
Ich persönlich habe nur Erfahrungen mit "durchgeknallt".
"Deine Seele ist so spirituell wie eine Kokosnuss." - Danke, du auch! Es belastet mich in keinster Weise. Leben und leben lassen. Ich muss nicht alles können.
Achtsamkeitsübungen. Man soll ich auf Körperteile fokussieren, hineinspüren, Muskeln bewusst an- und entspannen. Gemeinsam mit meiner Psychoonkologin habe ich es ausprobiert. Dabei ärgerte ich mich selbst, dass ich nicht mal das hinbekam. Ich schaffte es nicht mein Gehirn zu entspannen. Ich spannte Muskeln an und lockerte sie wieder, so wie sie es mir gesagt hatte. Warum spürte ich nicht die Entspannung, das bewusste loslassen? Ich musste nur daran denken, wie ich nichts spürte von der angeblichen Entspannung.
- Das muss man erlernen. Oh ne, das ist mir irgendwie zu langweilig. Da passiert nichts.
Ich hatte mich an meine Kindheit erinnert und ich musste an Hoola-Hoop-Reifen denken, mitten in der Chemotherapie. Ich dachte mich in den Gedanken, wie ich mich damit auspowern könnte und einfach mal drei Tage am Stück durchpennen könnte. Damals war ich Medikamentös noch nicht gut eingestellt mit den Tabletten, die mich endlich schlafen legen sollten.
Aber übertreiben Sie es nicht mit dem Hoola-Hoop. Das war schwer. Wenn ich mal Feuer gefangen habe, dann brannte ich auch erst mal dafür. Schließlich war ich über die Auswahl an Produkten ohnehin überfordert. Was es da alles gibt... Ich wollte einfach nur einen Plastikreifen. Am besten so richtig schön 2000er, der mit glitzernder Plastikfolie überzogen war in gestreifter Optik.
Ich soll das machen, wo ich mich gut dabei fühle...
Ich würde gerne wieder einmal auf einem Pferd sitzen. - Aber denken sie an ihren Erguss im Herzen.
Ich würde gerne schwimmen gehen. - Meiden sie Menschenmengen. Die Schwimmbäder haben geschlossen.
Ich würde gerne Ausflüge machen. - Meiden sie Menschenmengen. Es hat sowieso alles zu.
Ich würde gerne einen Spieleabend machen. -Willkommen in der Pandemie.
Ich schreibe ein Buch. - Aber bitte überanstrenge dich nicht!
Ich will meine Wohnung umgestalten. -Alle Geschäfte haben zu. Bestellt mal Möbel in der Pandemie.
Wie zum Henker soll ich was machen was mir gut tut, wenn ich hier eingekerkert bin? Wie soll ich positiv sein wenn man alleine zu viel Zeit hat, um über seinen dummen Krebs nachzudenken?
Ich weiß, dass es im Moment jeden so geht. Alle kümmern sich um die Risikogruppen, damit wir noch geschützter sind aber wollen wir das wirklich?
Ich kann noch nicht zu 100% sagen, dass ich Krebsfrei bin. Ich bin zwar jetzt in Remission aber der Primärtumor konnte noch nicht begutachtet werden. Mit einem Fingerschnipp kann mein Leben immer noch vorbei sein.
Ich spreche ganz klar für MICH. Es hätte auch trotz Corona-Maßnahmen mein letztes Weihnachtsfest sein können, dann wäre es echt armselig gewesen, wenn das der Fall sein sollte.
- Ich schweife ab. Ich betone, ICH BIN KEIN SCHWURBLER. Das sind meine Gedanken als "Risikogruppen-Follower".
Ich stürze mich also in virtuelle Arbeit. Wenn ich mal im Bett liegen bleibe, weil ich meine, ich müsse mich entspannen, stelle ich jedes mal nach einigen Stunden fest, dass dies keine Entspannung ist. Man fühlt sich noch geschlauchter als vorher. Ich habe Gewissenbisse, nichts erschaffen zu haben. Der Schwindel sucht mich wieder schlimmer heim.
Spazieren ist manchmal schon ganz nett aber erfüllt mich jetzt auch nicht besonders.
Fazit: Sechs Monate Kampf und ich habe immer noch keinen guten Weg gefunden. Und nein! Ich werden nicht auf Reha gehen. Ich schiebe mein Kind nicht in eine weiter Betreuung hab. Ich battle mich nicht mit anderen kahlköpfigen Personen, wem es am schlechtesten geht. Ich möchte nicht abends in meinem Kämmerchen nach einem schlechten Dinner sitzen und mir denken: "So... Und jetzt?", weil Corona jegliche Maßnahmen gesellschaftlicher Genesung nimmt.
Das Umfeld ist für den Betroffenen ein Baustein des Heilungsprozesses neben den medizinischen Therapien, Vorsichtsmaßnahmen und der Arbeit an sich selbst.
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