Zeitvertreib und Genesung
Was ich den lieben langen Tag so fabriziere...
Das "A" und "O" ist definitiv das Ding mit dem Aussehen. Wenn ich mich in meiner eigenen Haut nicht wohlfühle, ja wie kann ich dann nur irgendwas zerreißen? Na klar kommt es nicht nur auf Äußerlichkeiten im Leben an, doch wer sich selbst nicht gelegentlich als besonders schön sehen möchte, der lügt. Also versuche ich mich alltäglich aufzuraffen und mich eines Stylings hinzugeben. Wisst ihr eigentlich wie nervig super kurze Haare mit Locken sind? Ein falsch abstehender Schippel kann mich da morgens schon mal regelrecht aus der Fassung bringen.
Die Einstellung von "iss worauf Du Lust hast" (Sagten die Ärzte! Die sind froh, wenn man in der Therapie bloß nicht abnimmt), hat sich zu "ernähr dich mal wieder gescheit" geändert. Leider bin ich seeeeehr anfällig für Süßigkeiten. Doch tatsächlich bin ich hauptsächlich in letzter Zeit ziemlich vegetarisch unterwegs. Und das irgendwie ganz zufällig. Natürlich sag ich zu einem wunderbaren Stück Fleisch nicht nein, doch mein Körper verlangt zur Zeit danach nicht. Derzeit steht gedünstetes Gemüse auf meinem Speiseplan.
"Die lernt schon, dabei hat die Uni noch nicht mal angefangen!", "der is' so langweilig, gut dass sie bald wieder arbeiten geht", natürlich lache ich herzhaft über solche Sätze Tränen. Man muss sich dazu vorstellen, wie zwei erwachsenen Frauen Mitte und Ende 20 sitzen um zehn Uhr morgens am Küchentisch und knüpfen gedankenverloren Perlentiere. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde nicht nur mir klar, dass es wirklich höchste Eisenbahn wird, wieder sinnvolles zu leisten.
Ich fasse zusammen:
Ich bin höchst damit beschäftigt eine gute Mutter zu sein, versuche das Erlebte in diesem Blog zu verarbeiten, ich schreibe mein eigenes Buch, lerne auf Klausuren in ferner Zukunft vor, bastel irgendwas, mittlerweile walke ich nicht nur, sondern kann glücklicherweise wieder radeln. Mir fehlt wirklich die Arbeit. Ich bin bereit.
Ich bin wirklich überglücklich, dass ich wieder Fahrrad fahren kann. Mir war diese Freude jahrelang verwehrt. Nach ein Dutzend Tritten in die Pedale stand ich immer der Ohnmacht nahe. Schnell wurde mir immer schwarz und krisselig vor Augen. Die Ärzte münzten dieses Phänomen in meiner Vergangenheit immer auf ein schwächliches weibliches Gemüt. Unverschämt, oder? Dieser Spuck ist jetzt vorbei. Hatte ich dieses fiese Monster bereits so viele Jahre in mir?
Aktuell schaffe ich es mich so gut von meinem Gesundheitszustand abzulenken und meine Psyche auszutricksen, dass ein Tag wie ein Wimpernschlag erscheint. Es schlaucht aber auch, diese permanente Ablenkung. Ich brauche eine immense Energie um zwanghaft nicht negativ zu werden. Ich muss mich selbst immer daran erinnern, dass das einzige zu beeinflussende die guten Gedanken sind. Zeit, in der sich das Leben unbeschwert anfühlt ist besonders. Dämonen in mir, die mich in die Tiefe reißen wollen, das Erlebte präsent halten wollen dürfen nur selten ans Tageslicht. Sie brauchen aber ihren Freigang bevor sie gänzlich unkontrollierbar werden.
Wut ist gut. Das ist nämlich auch eine Form von Energie, die Wände einreißen kann. Wut kann stark machen und ist viel größer als Angst. Wer Wut erleben kann, hat das schlimmste hinter sich, denn das ist ein Ventil. Der Dämon, der einen für den Moment quält, wird in seine Einzelteile zerfetzt und ins Exil geschickt. Ich darf mich von ihr nur nicht verbittern lassen. Denn das ist ein schmaler emotionaler Grad in meiner Interpretation.
Der folgende Song passt zwar kein Stück zur Thematik, aber er ist so toll. 🤣❤
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