Der Mann mit der eisernen Maske
Ähhhh.... Ich meinte "die Frau mit der Kunststoffmaske".
Ich möchte euch jetzt etwas über meine "Notfallbestrahlung" erzählen.
Ein wichtiger Baustein in meiner Therapie.
Nach meinem ersten Chemozyklus wurde ein CT gemacht, da der Verdacht auf eine Lungenembolie bestand. Das war in etwa Tag 7 nach dem Zyklus. Natürlich hatten die Ärzte bei dieser Bildgebung den Primärtumor auch im Visier. Das Monstrum war immer noch gefährlich einengend für die Lungenarterien und für die Hauptstammvene, ergo befand ich mich immer noch in einer lebensbedrohlichen Situation. Der Tumor musste so schnell als bald wie nur möglich zu schrumpfen gebracht werden. Man hatte ständig Angst vor einer Reanimationssituation.
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Wie gesagt, ohne den Verdacht auf die Lungenembolie, wäre das CT nie veranlasst worden. Zufällig wurde festgestellt, dass das Miststück noch nicht zamgeschrumpelt war.
Ursprünglich hielt man sich an den Parameter, wenn ich ohne Sauerstoffbrille eine Sättigung von mindestens 95% behielte, könne man über eine Entlassung nachdenken.
In Besprechungen wurde nun heiß debattiert, wie man mich nun am schnellsten außer Lebensgefahr bringen würde.
Da Wort "Notfallbestrahlung" stand nun im Raum. Ich verstand die Welt nicht mehr. Zwei Tage zuvor wurde mir noch Hoffnung gemacht, dass ich bald endlich nach Hause könnte. Pustekuchen!
Dieses Wort "Bestrahlung" löste schon den puren Graus in mir aus. Noch schlimmer als Chemo empfand ich dies. In meinem Krankenzimmer wurde ich quasi vor vollendete Tatsachen gestellt. Ohne mit den Stationsärzten gründlich darüber geredet zu haben, ohne die Meinung der Professorin, stand auf einmal der Strahlentherapeut bei mir auf der Matte. Ich fühlte mich äußerst bedrängt und verweigerte zuerst den Aufklärungsbogen zu unterschreiben. Ich wollte mehr wissen, nicht nur die Vorgänge, Komplikationen und Nebenwirkungen. Abgesehen davon, funktionierte der Flurfunk ohnehin nicht. Die Strahlentherapeuten gingen von 15 Behandlungen parallel zur Chemotherapie aus. Ich fiel aus allen Wolken. Noch mehr Anstrengung? Noch mehr Nebenwirkungen auf einmal?
Mit meiner behandelnden Professorin unterhielt ich mich dann doch noch intensiver über die Thematik. Meine Bedenken gegenüber Zweitmalignomen wurden noch einmal gesteigert. Obwohl das immer sehr klein geredet wird. "Aber das kommt sehr selten vor..." Wobei ich mir denke: "Es war schon sehr überraschend und unwahrscheinlich, dass ich diesen Krebs kriegen/haben würde."
Ich fragte die Professorin was sie tun würde. Ihre Antwort lautete: "Ich würde meiner Tochter raten, dass man da jetzt einfach durch muss."
Schließlich waren die 15x "Notbestrahlung" eine Fehlinformation. Es sollten vorerst nur fünf Bestrahlungen aufeinander folgen und die Chemotherapie würde dabei kurz unterbrochen werden. Der zweite Zyklus wurde um eine Woche nach hinten verschoben.
Ich machte direkt von Anfang an klar, dass ich nicht ohne Beruhigungsmitteln mitmachen würde. Gesagt, getan...
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Ich wurde natürlich im Vorhinein darauf mental vorbereitet, dass eine Maske angefertigt werden. Dabei würde ich auf alle Fälle vorab Tavor bekommen. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir nichts darunter vorstellen. Meine allererste Bestrahlung verlief ohne dieses Ding, weil dafür keine Zeit mehr an diesem Tag war. Man wollte so schnell wie möglich beginnen.
Was ist diese Maske?
Es entpuppte sich als meinen schlimmsten Alptraum.
Ihr wisst, ohne Sauerstoff ging bei mir gar nichts mehr. Flach zu liegen, unmöglich.
Jetzt musste ich beides. Flach liegen ohne Sauerstoff. Mir kam es so vor, als müsste ich ersticken.
Schließlich wurde mir eine sehr warme Kunststoffmatte über mein gesamtes Gesicht bis zum Anfang der Büste gelegt und exakt anmodelliert.
Ich dachte ich würde sterben. Mein Körper wehrte sich mit Todesangst vor dem Ersticken. Keine Luft, Hitze, dunkel und nach unten gedrückt.
Ich wurde nur beruhigt, dass es bald geschafft wäre. Endlich wurde eine winzige Partie der Nasenlöcher freigeschnitten. So schnell ließ mich die Panik aber nicht mehr los.
Ich hatte keine Ahnung, was mir noch blühen würde.
Bei meiner zweiten Bestrahlung musste ich mich meiner Angst wieder stellen. Flach liegend, und kaum Sauerstoff. Ich bekam wieder mein Plastikdouble über meine Visage. Dieses mal wurde ich mit dem kalten ausgekühltem Teil an der Pritsche festgeschnallt. Eingeklemmt mit einer Sauerstoffbrille, die ständig drohte sich zu verabschieden, weil sie keinen Halt fand. Beklemmend und angstauslösend war diese Situation. Ich leide normal nicht unter Klaustrophobie aber das überschritt für mich jede Grenze.
Ich schaffte ganze zwei Mal die Behandlung mit meiner persönlichen Maske, die verhindern sollte, dass sich der Patient bewegt. Eine stabilere Lage sollte sie versprechen.
Am vorletzten Tag bekam ich schon eine Panikattacke bei ihrem bloßen Anblick. Die Ärzte meinten, es wäre auch ohne ihr machbar. Allerdings musste das Bestrahlungsfeld minimal erweitert werden. War für mich legitim. Hauptsache nicht wehrlos am Tisch angetackert sein.
Der Vorgang an sich schmerzt nicht. Ich hatte nur Angst, mich aus Versehen zu bewegen.
Eine ganze Palette an Nebenwirkungen wurde mir genannt. Vor allem wurden sonnenbrandähnliche Zustände hervor gehoben und Veränderungen an Schleimhäuten, beispielsweise Schluckstörungen hätten auch auftreten können. Pilze könnten besser sprießen, durch die Trockenheit.
Ich war zum Glück damit gesegnet, dass ich nur ein wenig rot an der Brust war.
Ich bereue es nicht, eingewilligt zu haben. Zwar war ich anfangs sehr skeptisch und hatte überhaupt kein gutes Gefühl dabei aber ich habe davon wahnsinnig profitiert. Der Tumor ist rasant kleiner geworden und die Luftnot war schon bald Geschichte. Auch der Appetit war ein paar Tage später nicht mehr zu bändigen.
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