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Angst

Wie ich sie bekämpfe und damit umgehe...


Krebs, Tumor, Lymphom - all diese Ausdrücke die in dem Zusammenhang die selbe Bedeutung haben, sind furchteinflößend. Bei dieser Diagnose wird jeder Betroffene erst einmal ins Jenseits negativer Gefühle katapultiert.

Tausend Gedanken schwirren auf einmal im Kopf, sobald die Hiobsbotschaft übermittelt wurde. Meine Mama pflegt oft zu sagen :"Mach dir erst Sorgen, wenn es wirklich eingetroffen ist. Davor ist alles beim alten." Jetzt ist die schlechte Nachricht da. Was nun?

Erst fängt das Gedankenkreisen an. Man fühlt sich verloren. Die Krankheit, das Wort "KREBS", ist wie ein Todesurteil. Denkt man zumindest zu erst. Ich habe mich lange selbst nicht getraut mich mit meiner Krankheit auseinander zu setzten. Einfach weil ich Angst vor noch schlechteren Prognosen hatte. Hätte ich mich früher belesen, hätte ich früher gewusst, dass Krebs nichts ungewöhnliches ist und vor allem überwindbar. Ich habe in einem Artikel gelesen dass jeder vierte Deutsche im Laufe seines Lebens an Krebs erkrankt. Dabei gibt es natürlich eine Palette an Möglichkeiten die man bekommen kann. Ich hatte Glück im Unglück. Ich halte mir jeden Tag vor Augen, dass es mich noch schlimmer hätte Treffen können. In meiner Zeit auf der Intensivstation war mein Zimmerfenster direkt neben dem Eingang der Kinderpalliativstation. Ich versuchte mir immer klar zu machen, dass diese Eltern, diese armen Seelchen, es weitaus schlimmer getroffen hat als mich. Denn ich habe ein gesundes Kind auf die Welt gebracht und gute Chance wieder fit zu werden.


Ganz ehrlich? Ohne Tabletten hätte ich das nie im Leben überwunden. Im Rückblick betrachtet würde ich das auch wieder ganz genau so machen. Mich zuzudröhnen mit einer wilden Palette an Pharmazeutika unter ärztlicher Aufsicht ist dabei, so denke ich, legitim.

Warum? Diese Diagnose lässt einen sowieso nicht mehr klar denken. Weshalb muss ich noch tapferer sein, als ich ohne hin schon sein muss. Zahlreiche Untersuchungen und medizinische Maßnahmen musste man ja von jetzt an durchstehen. Auch die Nebenwirkungen waren nicht ohne. Man muss sich auch nicht unnötig quälen.


Ich hatte auch wahnsinnige Panik vor Biopsien, vor der Port-Anlage, PICC line Anlage und allem was irgendwie nach Schmerzen klang. Also vor den Vorgängen natürlich nicht. Ich wollte nur nicht die Schmerzen aushalten, die damit verbunden waren. Ich habe gefeilscht wie auf dem türkischen Basar um jede Sedierung, die ich nur bekommen konnte. Lokalanästhesie? No, chance! Nicht mit mir.

Wirklich, als Operationstechnische Assistentin ist mir das bei anderen Patienten wirklich Banane, was vorgenommen wird aber bei mir selbst etwas machen zu lassen mit Bewusstsein war für mich unmöglich. Ich kann ja nicht mal hingucken, wenn mir Blut abgezapft wird. Eigentlich echt peinlich aber der Anblick wie eine Nadel in mir drin steckt, widert mich zutiefst an.



"Du bist nicht die Angst! Du bist nicht deine Emotionen", ein sehr weiser Satz meiner Cousine. Die Angst ist am größten wenn man alleine ist. Leider eine richtig große Scheiße in der Pandemie. In der Zeit, in der ich am meisten Beistand gebraucht habe, war sie oft nur telefonisch möglich. Gerade da, wo es am schlimmsten wurde. Mit jedem Tag den ich mein Kind nicht sehen durfte war es schwer noch Hoffnung zu sehen.

Die Angst gegen den Krebs zu verlieren ist immer noch präsent, auch wenn das immer mehr in den Hintergrund gerückt ist. Das wird auch nie ganz weggehen. Vielleicht ist hier Verdrängung das Beste. Das ist zumindest mein Weg. Ich versuche mir für die Zukunft einzureden, falls Nebenwirkungen und Zweittumore daraus resultieren sollten so in circa 10-15 Jahren+, ist die Medizin auch wieder weiter fortgeschritten. Ich werde engmaschig in der Nachsorge kontrolliert und somit Früherkennungen hoffentlich nicht übersehen.

Das Gute an speziell meiner Tumorerkrankung ist, dass es immer noch der beste Mist von allen ist, den man nur kriegen kann. Lymphome können zwar super schnell wachsen, sind aber dementsprechend leicht zu zerstören. Ihre Zellstruktur ist labiler als derer anderer Krebsarten. Beispielsweise braucht man bei der Bestrahlung nur die Hälfte der Schusskraft im Gegensatz zum Brustkrebs. Da sind ungefähr 30 Gy (Strahlendosis) unterschied dazwischen.


Angst rückt in den Hintergrund wenn man versucht positives in den Vordergrund zu hohlen. Wenn man es schafft das Gedankenkreisen zu unterbrechen. Für mich aber in der Überwindung ist Beschäftigung das A und O. Projekte ziehen einem aus dem Loch wenn sonst keiner da ist, der einen bespaßt. Und wenn Du nur sinnlos Striche auf ein Blatt Papier malst. Geb' dir selbst die Erlaubnis abzuschweifen und der rauen Realität zu entfliehen. Ich weiß, für alle die noch stationär in Behandlung sind, ist das kaum auszuhalten und der silberne Streifen am Horizon ist höllisch weit weg. Halte dir vor Augen, dass auch dir wieder andere Zeiten bestimmt sein werden.


Angst macht sprachlos. Durchbreche den Bann und sei mutig darüber zu sprechen. Nimm die Seelsorge oder die psychoonkologische Betreuung in Anspruch. Du bist nicht der/die erste mit dieser Problematik, deshalb gibt es diese Anlaufstellen. Sie sind mit Tipps im Umgang mit der Angst gut geschult. Alle samt dieser wunderbaren Helferlein haben mich mit Empathie und Respekt behandelt. Sollte man sich dennoch bei bestimmten Personen in Sitzungen nicht wohlfühlen, kann man das auch jederzeit mitteilen und andere Gesprächspartner wurden mir zur Verfügung gestellt.


Auch Angehörige verfolgt die Angst. Das darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ein Krebskranker kann seine Angehörigen nicht auffangen. Wir würden es gerne. Wir haben aber nicht die Kraft und Zeit dazu. Deshalb wird es dem Kreis der Erkrankten ermöglicht, ebenso diese Anlaufstellen zu nutzen. Und ich lege es jeden wirklich dringend ans Herz, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Dritte können noch andere Perspektiven geben. Aspekte, die man von nahem eventuell nicht erkannt hat. Tipps im Umgang mit dem Erkrankten. Der Ballast kann in einen anderen Rahmen verschoben werden und muss nicht in eigenen Rängen ausgetragen werden.


Du bist nicht der Krebs. Du bist nicht die Angst.




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Comments


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Hi, danke fürs Vorbeischauen!

Ich freue mich darüber, dass Du dich dafür entschieden hast, dich mit dem Thema "Krebs" ein wenig auseinander zu setzten. Leider Gottes kann es jeden treffen. Wichtig ist, Du bist nicht alleine.

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